
Um als Palliativmediziner/in tätig werden zu dürfen, müssen Fachärzte/-innen die Zusatz-Weiterbildung Palliativmedizin absolvieren. Die Fachärzte/-innen spezialisieren sich auf die Behandlung und Begleitung von Patienten/-innen mit einer unheilbaren, fortgeschrittenen und fortschreitenden Erkrankung mit dem Ziel der Leidensverringerung und Lebensqualitätssteigerung. Wichtig dabei ist das Erlernen von Techniken der Gesprächsführung mit Schwerstkranken. Alles zu Lerninhalten, Voraussetzungen, Dauer und Karriereperspektiven hier in unserer Übersicht!
Inhaltsverzeichnis
Palliativmedizin im Überblick
- Deutschlandweit gibt es derzeit rund 350 Palliativstationen.
- 15 Prozent aller Krankenhäuser der Bundesrepublik haben eine Palliativ-Station.
- 250 stationäre Hospize beschäftigen rund 15.459 Fachärzte/-innen mit Zusatzbezeichnung Palliativmedizin Generell können Palliativmediziner/-innen nicht nur in stationären Palliativ-Versorgungen, sondern auch im Bereich der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV-Teams) tätig werden.
Das Fachgebiet Palliativmedizin
Die Palliativmedizin kommt zum Einsatz, wenn ein kurativer Therapieansatz für schwer kranke Patienten/-innen nicht mehr in Frage kommt. Die Behandlung zielt auf eine Verbesserung der Lebensqualität und Verringerung von Leiden vor dem Tod ab. Häufige Symptome, die bei der Behandlung im Vordergrund stehen, sind starke Schmerzen, Atemnot und Angst. Die Arbeit von Palliativmedizinern/-innen ist nicht auf einen Fachbereich begrenzt. Stattdessen behandeln sie Patienten/-innen mit schwerwiegenden, häufig chronischen Erkrankungen wie Krebs und komplexen Erkrankungen aus der Inneren Medizin. Dazu zählt auch in hohem Maße das Gespräch mit den Schwerstkranken.
Bislang ist die Palliativmedizin noch ein vergleichsweise kleines Fach. Nur wenige Patienten/-innen, die im Krankenhaus versterben, werden palliativmedizinisch betreut. Dabei zeigen Studien, dass durch die spezielle Behandlung auf die Wünsche der Patienten/-innen besser eingegangen wird, weniger Aufenthalte auf der Intensivstation nötig sind und geringere Kosten entstehen.
Seit dem Jahr 2007 haben Krankenversicherte in Deutschland einen Anspruch auf palliative Leistungen und die Palliativmedizin hat sich seitdem stark weiterentwickelt. Die Qualität der Versorgung in Deutschland liegt derzeit im europäischen Vergleich im vorderen Drittel.
Voraussetzungen für die Zusatzweiterbildung Palliativmedizin
Um die Weiterbildung Palliativmedizin beginnen zu können, ist ein Facharzttitel in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung (UPV) notwendig. Die folgenden Facharztausbildungen gehören dazu:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Anästhesiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Arbeitsmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Augenheilkunde
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Chirurgie und die Spezialgebiete:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Gefäßchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Herzchirurgie
- Weiterbildung Facharzt /-ärztin Kinder- und Jugendchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Orthopädie und Unfallchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Plastische, Rekonstruktive, Ästhetische Chirurgie
- Weiterbildung Facharzt /-ärztin Thoraxchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Viszeralchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Humangenetik
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Innere Medizin und die Spezialgebiete:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Angiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Gastroenterologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Infektiologie
- Weiterbildung Facharzt/Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Nephrologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Pneumologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Innere Medizin und Rheumatologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Neurochirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Neurologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Nuklearmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Phoniatrie und Pädaudiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Radiologie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Strahlentherapie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Transfusionsmedizin
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Urologie
Dauer der Zusatzweiterbildung Palliativmedizin
Die Zusatzweiterbildung Palliativmedizin erstreckt sich über 160 Stunden Kursweiterbildung und Fallseminare. Dafür müssen laut Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer (MWBO) folgende Mindestanforderungen erfüllt werden:
- 40 Stunden Kurs-Weiterbildung gemäß § 4 Abs. 8 in Palliativmedizin, die durch ein 6-monatige Weiterbildung an einer befugten Weiterbildungsstätte ersetzt werden können
- 120 Stunden Fallseminare unter Supervision
Inhalte der Zusatzweiterbildung Palliativmedizin
Die Weiterbildung Palliativmedizin umfasst 8 verschiedene Themenkomplexe, die in unterschiedlicher Gewichtung Bestandteil der Kurse sind. Die hier folgende Liste gibt die Anforderungen der MWBO wieder. Richtzahlen finden sich in Klammern. Die einzelnen Länderkammern können davon abweichen, da die ärztliche Weiterbildung in ihrer Eigenverantwortung liegen.
Übergreifende Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Palliativmedizin:
- Grundprinzipien der Palliativversorgung
- Komplexität bei Patienten mit unheilbaren fortgeschrittenen Erkrankungen und in der letzten Lebensphase
- Einbeziehung und Unterstützung der Angehörigen
- Versorgungskonzepte und Betreuungskontinuität
- Strukturen der allgemeinen und spezialisierten Palliativversorgung
- Besonderheiten der pädiatrischen und geriatrischen Palliativversorgung
- Krankheit, Sterben, Tod und Trauer in verschiedenen Kulturen und Religionen
Grundlagen der symptomorientierten Behandlung
- Kausale versus symptomatische Therapieoptionen, deren Angemessenheit, Nutzen und Risiken
- Erstellung, kontinuierliche Überprüfung, Anpassung und Dokumentation von Therapieplänen mit palliativmedizinischer Intention einschließlich der Beurteilung der Angemessenheit von Therapiemaßnahmen, Therapiezieldiskussion, Therapiezieländerung mit kritischer Diskussion medizinischer Indikationen (20)
- Management von körperlichen und psychischen Krisen (10)
- Beratung und Unterstützung des Patienten in seiner Entscheidungsfindung sowie Einholung und Abwägung eines der aktuellen Situation angepassten (Behandlungs-)Auftrags des Patienten
Symptomlinderung und Behandlung palliativmedizinischer Krankheitsbilder
- Pharmakologische und therapeutische Zusammenhänge einzelner belastender Symptome
- Diagnostik, Stadien- und bedarfsgerechte, differenzierte medikamentöse und nicht medikamentöse palliativmedizinische Therapie belastender Symptome anhand Mechanismen und ursachenorientierter Therapiepläne
- Erstellung von Protokollen zur palliativen Sedierung einschließlich kritischer Diskussion
- Palliativmedizinische Therapie von Funktionsstörungen, z. B. maligne intestinale Obstruktion, Elektrolyt- und metabolische Störungen sowie von Organfunktionseinschränkungen und -ausfällen einschließlich der Ernährungs- und Flüssigkeitszufuhr in Relation zu Prognose und Patientenwillen
- Zusammenhänge und Therapieoptionen palliativmedizinischer Krankheitsbilder
- Diagnostik und Therapie palliativmedizinisch wichtiger Krankheitsbilder in Relation zu Prognose und Patientenwillen, insbesondere maligne Erkrankungen, Organinsuffizienzen, neurologische Erkrankungen einschließlich Demenz, hereditäre Erkrankungen, Anpassungsstörung und posttraumatische Belastungen
Soziales Umfeld des Patienten
- Wiederkehrende Verhaltens- und Kommunikationsmuster in Familien
- Einschätzung der Struktur und Tragfähigkeit des sozialen Umfelds des Patienten, Identifikation von Ressourcen und Verringerung von Defiziten, Organisation und bedarfsadaptierte Anpassung der Versorgungsstrukturen
- Biographiearbeit
- Erfassung der Familienstruktur, z. B. Genogramm
- Berücksichtigung der Bedürfnisse der Angehörigen im Behandlungskonzept
Spiritualität
- Lebensbilanz und Lebensidentität Konzepte von Spiritualität, Leben, Krankheit, Leid und Tod, Religion und ihre Zusammenhänge
- Beratung und Unterstützung des Patienten bei spirituell-existentiellen Fragen, beim Umgang mit Scheitern, Versagen und Schuld sowie bei existentiellen Ängsten und offenen Fragen über die Zeit nach dem Tod
- Einleitung und ggf. Mitgestaltung kultureller und religiöser Sterbe- und Bestattungsriten
Anpassung, Bewältigung, Trauer
- Beratung und Unterstützung bei Krankheitsbewältigung, Körperbildveränderungen und Trauer
Ethische und rechtliche Grundlagen
- Ethische Bewertung und rechtliche Grundlagen der Entscheidungsfindung, Patientenautonomie, Vorausverfügungen, Behandlungsbegrenzung, Formen der „Sterbehilfe“, palliative Sedierung
- Anwendung und Abwägen medizinethischer Prinzipien
- Reflexion und Haltung zum Umgang mit Todeswünschen
- Umsetzung von gesundheitlicher Vorausplanung
Kommunikation und Arbeit im Team
- Kommunikationsmodelle
- Kommunikation und Supervision im interdisziplinären und interprofessionellen Team zur Entscheidungsfindung einschließlich kollegialer Beratung
- Kommunikation und wertschätzender Umgang mit den Gefühlen der Patienten und Angehörigen, auch mit kommunikationseingeschränkten Menschen, z. B. alte, behinderte und demente Menschen
- Beratungsgespräche, z. B. Aufklärungs-, Entscheidungs-, Konflikt-, Angehörigen Gespräche, Überbringen schlechter Nachrichten, Gespräche über medizinische und menschliche Versäumnisse und Fehler
- Teilnahme an und Durchführung von Familiengesprächen
- Förderung der Kommunikation der Betroffenen untereinander
Selbstreflexion
- Reflexion der eigenen Grundhaltung und der eigenen Einstellung zu Sterben und Tod
- Aktive Gestaltung von Entlastung und Abgrenzung
Abschluss mit Prüfung
Nach erfolgreicher Absolvierung aller Weiterbildungsabschnitte und einer anschließenden Prüfung erhalten die Ärzte/-innen die Zusatzbezeichnung im Fach Palliativmedizin. Die Prüfung besteht in der Regel aus einem mündlichen Fachgespräch anhand eines (fiktiven) Patienten-Szenarios. Je nach Prüfungskommission fallen auch praktische Aufgaben an. In der Regel ist die Prüfung mindestens 30 Minuten lang.
Weiterbildungsmöglichkeiten für Ärzte/-innen finden sich zum Beispiel bei der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. Dort gibt es auch eine Übersicht der Weiterbildungsbefugten.
Weiterbildungs-Logbuch ist verpflichtend
Um die erlernten Inhalte und absolvierten Kurse für die Zusatzbezeichnung Palliativmedizin nachzuweisen, sind Ärzte/-innen in Weiterbildung verpflichtet, ein Logbuch zu führen. Dieses muss nach Abschluss der Weiterbildungszeit ausgefüllt an die zuständige Ärztekammer gesendet werden. Das Logbuch enthält den Weiterbildungsgang Palliativmedizin sowie alle dokumentierten Inhalte und Kenntnisse, die im Rahmen der Zusatzweiterbildung vermittelt wurden. Ohne dieses ist eine Anmeldung zur Prüfung nicht möglich.
Karrieremöglichkeiten mit Zusatzbezeichnung Palliativmediziner/in
Palliativmediziner/-innen arbeiten stationär in Hospizen und auf Palliativstationen in meist großen Krankenhäusern. Hier gibt es entweder eigene Palliativstationen oder die Arbeit erfolgt konsiliarisch auf den jeweiligen Stationen der Patienten/-innen. Im ambulanten Bereich übernehmen meist niedergelassene Ärzte/-innen die Aufgabe der Palliativmediziner/-innen. In Zusammenarbeit mit speziell ausgebildeten Pflegekräften in der sogenannten spezialisierten ambulante Palliativversorgung (SAPV) übernehmen sie selbst schwer kranke Patienten/-innen und ermöglichen ihnen eine Behandlung in vertrauter Umgebung.
Wer als Facharzt/-ärztin über Weiterbildungen verfügt, verbessert seine Chancen mit Aussichten auf eine Karriere als Oberarzt/-ärztin, später auch Chefarzt-Positionen. Damit lässt sich auch ein deutlich höheres Gehalt verhandeln.
Gehaltsperspektiven als Palliativmediziner/in
Das Gehalt von Fachärzten/-innen der Palliativmedizin orientiert sich in der Regel an den jeweiligen Tarifverträgen für Ärzte/-innen und ändert sich nicht durch eine erworbene Zusatzbezeichnung. Das Facharzt-Gehalt variiert somit nach Titel, Berufserfahrung und Einrichtungsart.
Fachärzte/-innen in kommunalen Krankenhäusern nach Erhalt ihres Titels rund 6.404 Euro brutto monatlich und mit zunehmender Berufserfahrung bis zu 8.000 Euro pro Monat erwirtschaften, steigen Fachärzte/-innen an Unikliniken mit einem Monatsbrutto von 6.518 Euro ein und verdienen im späteren Berufsleben bis zu 8.224 Euro brutto monatliches Basisgehalt.
Häufige Fragen zu Palliativmedizin
- Was ist die Palliativmedizin?
- Wie erhält man die Zusatzbezeichnung Palliativmedizin?
- Wie lange dauert die Zusatzweiterbildung Palliativmedizin?
Die Palliativmedizin ist ein medizinisches Fachgebiet, das sich mit der Behandlung von Patienten/-innen mit schweren, unheilbaren Erkrankungen beschäftigt. Das Ziel der Palliativmedizin ist es, die Lebensqualität der Patienten/-innen zu verbessern, indem sie Schmerzen und andere Symptome lindert und ihnen dabei hilft, ihre verbleibende Zeit so angenehm wie möglich zu gestalten.
Um die Zusatzbezeichnung als Palliativmediziner/in zu erhalten, müssen Fachärzte/-innen eine entsprechende Zusatzweiterbildung absolvieren.
Die Zusatz-Weiterbildung Palliativmedizin dauert etwa 160 Stunden. Dafür müssen die angehenden Palliativmediziner/-innen rund 40 Stunden Kurs-Weiterbildung und 120 Stunden Fallseminare absolvieren.