
Die Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie gewinnt zunehmend an Bedeutung, da die Anzahl der Kinder mit einer Erkrankung des rheumatischen Formenkreises steigt. Deutschlandweit arbeiten rund 219 Ärzte und Ärztinnen mit der Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugendrheumatologie. Es handelt sich dabei um ein Spezialgebiet der Medizin, das sich mit den entzündlichen Systemerkrankungen des Bewegungsapparates bei Kindern und Jugendlichen auseinandersetzt.
Inhaltsverzeichnis
Im folgenden Artikel geben wir einen Überblick über Voraussetzungen, Dauer und Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie und Karrierechancen für Ärzte/-innen mit dieser Facharztkompetenz.
Kinder- und Jugend-Rheumatologie im Überblick
- Anzahl der Fachärzte/-innen: In Deutschland sind etwa 219 Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Rheumatologie tätig.
- Dauer: Die Dauer der Fortbildungen beträgt laut MWBO (Musterweiterbildungsordnung) 24 Monate.
Das Fachgebiet Kinder- und Jugend-Rheumatologie
In der Kinder- und Jugendrheumatologe/-in arbeiten spezialisierte Fachärzte/-innen im Tätigkeitsbereich Pathophysiologie, Prävention, Erkennung, Behandlung und Rehabilitation von rheumatischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen. Sie behandeln unter anderem entzündliche und nicht-entzündliche Erkrankungen des Bewegungsapparates von Kindern und Jugendlichen, autoinflammatorische Erkrankungen inklusive genetischer Fiebersyndrome, systemische Autoimmunkrankheiten, Vaskulitis-Syndrome und Schmerzsyndrome.
Zu den häufigsten rheumatischen Erkrankungen, die bei Kindern auftreten, zählen zb die juvenile idiopathische Arthritis (JIA), Lupus erythematodes, Sklerodermie, Dermatomyositis und Vaskulitiden. Diese führen zu eingeschränkter Bewegungsfähigkeit und Beeinträchtigung der Lebensqualität der Betroffenen.
Das Ziel der Behandlung ist es, die Symptome zu lindern, das heißt, Schmerzen zu reduzieren und sowohl die Beweglichkeit als auch Lebensqualität des/der Patienten/-in zu verbessern. Oft liegt die Ursache für das Rheuma des Kindes/Jugendlichen an anderer Stelle, welche es zu identifizieren und zu behandeln gilt, um nicht eine reine Symptombekämpfung, sondern vielmehr eine Ursachenbehandlung zu verfolgen.
Danach muss der/die Rheumatologe/-in gemeinsam mit dem/der Patienten/-in und gegebenenfalls den Eltern einen individuellen Behandlungsplan erstellen. Die Behandlung einer Erkrankung des rheumatischen Formenkreises geht weit über eine rein medikamentöse Behandlung hinaus und umfasst unter anderem auch die physikalische Therapie (Bewegungstherapie), die Ernährungstherapie und eine Reihe weiterer therapeutische Maßnahmen.
Kinder- und Jugendrheumatologen/-innen arbeiten hierfür eng mit Spezialisten/-innen anderer Fachgebiete zusammen. Dazu gehören Ergo- und Physiotherapeuten/-innen, Psychologen/-innen und auch Sozialarbeiter/innen. Dies ist wichtig, um eine umfassende und ganzheitliche Versorgung des/der Patienten/-in sicherstellen zu können.
Voraussetzungen für die Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie
Die Zusatz-Weiterbildung Kinder-Rheumatologie wird angeboten für Fachärzte/-innen mit dieser abgeschlossenen Facharztausbildung:
Da sich die Voraussetzungen und Inhalte je nach Bundesland unterscheiden können, empfehlen wir eine individuelle Anfrage zu den spezifischen Anforderungen über die zuständigen Ländesärztekammern.
Dauer der Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie
Die Dauer der Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie beträgt gemäß der Musterweiterbildungsordnung (MWBO) 24 Monate. Diese Zeit muss bei einem Weiterbildungsbefugten an einer zugelassenen Weiterbildungsstätte absolviert werden.
Inhalte der Zusatz-Weiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie
Die Weiterbildungsinhalte laut MWBO verteilen sich auf zwei Kompetenzen: Kognitive und Methodenkompetenzen sowie die Anwendung dieser Kenntnisse zum Sammeln von Erfahrungen und Verbessern der Fertigkeiten (Handlungskompetenzen).
Übergreifende Inhalte der Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie
Kognitive- und Methodenkompetenz: Kenntnisse
- Epidemiologie, Grundlagen entzündlicher und nicht-entzündlicher rheumatischer Erkrankungen einschließlich molekulargenetischer und immunologischer Mechanismen bei systemischen Autoimmunerkrankungen, autoinflammatorischen Erkrankungen einschließlich genetischer Fiebersyndrome, nicht-bakterieller Osteitis, Interferonopathien, Schmerzsyndromen
- Pharmakologie, Nebenwirkungen und Interaktion von nicht-steroidalen Antirheumatika, Glukokortikoiden, konventionellen und biologischen disease modifying anti-rheumatic drugs, Immunsuppressiva
- Indikationen für Impfungen unter Immunsuppression
- Grundlagen der Ernährungsberatung
- Physikalische, krankengymnastische, ergotherapeutische Behandlungskonzepte
- Palliativmedizinische Versorgung
Handlungskompetenz: Erfahrungen und Fertigkeiten
- Indikationsstellung und Überwachung der Therapie mit nicht-steroidalen Antirheumatika, Glukokortikoiden, konventionellen und biologischen disease-modifying anti-rheumatic drugs, Immunsuppressiva
- Supplementäre Therapien, z. B. Gastroprotektion, Folsäuresupplementierung, Osteoporoseprophylaxe, Osteoporosetherapie
- Koordination der interdisziplinären und interprofessionellen Zusammenarbeit
- Langzeitversorgung in Kooperation mit spezialisierten Einrichtungen
- Indikationsstellung zur genetischen Diagnostik
- Schulungsmaßnahmen unter Einbindung von Bezugspersonen
- Einleitung von präventiven und rehabilitativen Maßnahmen bei chronischen Erkrankungen
- Sportberatung
- Indikationsstellung zur psychosozialen Therapie
Juvenile idiopathische Arthritis
Kognitive- und Methodenkompetenz: Kenntnisse
- Differentialdiagnose und Prognose der unterschiedlichen Subtypen der juvenilen idiopathischen Arthritis
Handlungskompetenz: Erfahrungen und Fertigkeiten
- Weiterführende Diagnostik und Therapie der verschiedenen Formen der juvenilen idiopathischen Arthritis, auch Langzeitversorgung
Kollagenosen und Vaskulitiden
Handlungskompetenzen: Erfahrungen und Fertigkeiten
- Weiterführende Diagnostik und Therapie bei systemischem Lupus erythematodes, juveniler Dermatomyositis, Sklerodermie und Overlap- Kollagenosen, Vaskulitiden
Autoinflammatorische Erkrankungen
Handlungskompetenzen: Erfahrungen und Fertigkeiten
- Weiterführende Diagnostik und Therapie bei autoinflammatorischen Erkrankungen, z. B. Fieber- Syndromen, nicht-infektiösen Inflammationen des Knochens, Interferonopathien
Chronische Schmerzerkrankungen des muskuloskelettalen Systems
Kognitive- und Methodenkompetenz: Kenntnisse
- Grundlagen der multimodalen und medikamentösen Schmerztherapie
Handlungskompetenzen: Erfahrungen und Fertigkeiten
- Diagnostik und Differentialdiagnostik chronischer Schmerzerkrankungen des muskuloskelettalen Systems
Diagnostische Verfahren
Handlungskompetenzen: Erfahrungen und Fertigkeiten
- Durchführung verschiedener standardisierter Untersuchungsverfahren
- Indikationsstellung und Befundinterpretation hämatologischer, biochemischer, immunologischer Untersuchungen einschließlich Synoviaanalyse
- Punktion verschiedener Gelenke sowie intraartikuläre Injektion
- Gelenksonografie
- Indikationsstellung und Befundinterpretation weiterer bildgebender Untersuchungen
Rheumatologische Notfälle
Kognitive- und Methodenkompetenz: Kenntnisse
- Differentialdiagnose akuter rheumatischer Krankheitsbilder einschließlich Abgrenzung von malignen Erkrankungen, z. B. Leukämie sowie Infektionen
Handlungskompetenzen: Erfahrungen und Fertigkeiten
- Diagnostische und therapeutische Notfallmaßnahmen, z. B. bei akuter Arthritis, systemischem Lupus erythematodes, juveniler Dermatomyositis, Makrophagenaktivierungssyndrom, Vaskulitiden
Abschluss der Weiterbildung
Ärztinnen und Ärzte, die die Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie absolvieren möchten, müssen am Ende der Weiterbildung eine Prüfung ablegen, um ihre erworbenen Kompetenzen und Fertigkeiten im Bereich der Kinder- und Jugend-Rheumatologie zu beweisen.
Prüfung
In der Prüfung wird praktisches und theoretisches Wissen abgefragt. In einem Fachgespräch vor einem Prüfungsausschuss werden Inhalte aus der Weiterbildung abgefragt, teilweise durch Präsentationen oder auch praktische Aufgaben. Der Fokus liegt auf fachlicher Kompetenz, Diagnosekriterien und Therapieentscheidungen. Insgesamt kann die Prüfung je nach Ärztekammer und Verlauf variieren, eine Mindestlänge von 30 Minuten ist aber Vorschrift.
Logbuch
Im Rahmen dieser Zusatzweiterbildung müssen Ärzte/-innen ein sogenanntes Logbuch führen. In diesem Logbuch werden die erworbenen Weiterbildungsinhalte und die erbrachten Leistungszahlen dokumentiert. Das Logbuch enthält also Informationen bezüglich der im Rahmen der Weiterbildung durchgeführten Untersuchungen, Behandlungen und diagnostischen Verfahren, einschließlich der Anzahl und Art der Fälle, die behandelt oder betreut wurden. Die Führung des Logbuchs soll sicherstellen, dass die Ärzte/-innen die erforderliche praktische Erfahrung erwerben und ihre Fähigkeiten und Kenntnisse verbessern. Das Logbuch muss fortlaufend aktualisiert und von einem/-r erfahrenen Facharzt/-ärztin überprüft werden. Sobald das Logbuch vollständig ausgefüllt ist, kann sich der Arzt oder die Ärztin für die abschließende Prüfung anmelden.
Gehaltsperspektiven mit Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Rheumatologe/-in
Während der Zusatzweiterbildung verdienen Ärzte/-innen ca. 6.400 Euro bis 8.400 Euro brutto. Dies kann so klar gesagt werden, weil in der Regel Fachärzte/-innen nach dem entsprechend gültigen Tarifvertrag für Ärzte/-innen bezahlt werden. Die Zusatz-Weiterbildung ändert daran erstmal nichts. Lediglich der Karrierelevel und die Erfahrung sind hier ausschlaggebend. Durch die verbesserten Karrieremöglichkeiten kann aber auf eine Stelle als Oberarzt/-ärztin oder gar Chefarzt/-ärztin spekuliert werden. Hier werden natürlich auch höhere Gehälter gezahlt.
Mit eigener Praxis gibt die Zusatzbezeichnung die Möglichkeit, den Patientenstamm zu erweitern und weitere Leistungen abzurechnen. Damit steigt der Praxisreinertrag.
Karrieremöglichkeiten mit Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Rheumatologe/-in
Nach erfolgreichem Absolvieren der Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie bestehen vielfältige Karrierechancen. Mögliche Berufsoptionen für Fachärzte/-innen sind:
- Arbeit als niedergelassene/r oder angestellte/r Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendmedizin mit dem Schwerpunkt Rheumatologie
- Leitungsposition in einer Klinik (z.B. als Oberarzt/-ärztin oder Chefarzt/-ärztin)
- Arbeit für eine Forschungseinrichtung (Entwicklung neuer Therapien und Behandlungsmöglichkeiten)
- Lehrtätigkeit (z.B. Professur) an einer Hochschule
Häufige Fragen zu Kinder- und Jugend-Rheumatologie
- Was ist Kinder- und Jugend-Rheumatologie?
- Wie erhält man die Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugend-Rheumatologe/-in?
- Wie lange dauert die Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie?
Die Kinder- und Jugend-Rheumatologie befasst sich mit der Diagnose und Behandlung von entzündlichen Erkrankungen des Bewegungsapparates von Kindern und Jugendlichen.
Um die Zusatzbezeichnung Kinder- und Jugendrheumatologe/-in zu erhalten, muss man ein abgeschlossenes Medizinstudium vorweisen, zudem als Arzt/Ärztin approbiert sein, einen Facharzt/-ärztin in der Kinder- und Jugendmedizin erworben haben und anschließend die Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie absolvieren.
Die Dauer der Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Rheumatologie beträgt 24 Monate.