Die Facharztausbildung Rechtsmedizin ist eine Spezialisierung auf Entwicklung und Anwendung medizinischer und naturwissenschaftlicher Kenntnisse und Methoden für die Bearbeitung rechtlicher Fragestellungen sowie die Vermittlung rechtsmedizinischer einschließlich arztrechtlicher und ethischer Kenntnisse für die Ärzteschaft.
Inhaltsverzeichnis
- Voraussetzungen für die Weiterbildung zum/-r Rechtsmediziner/in
- Dauer der Facharztausbildung Rechtsmedizin
- Inhalte der Weiterbildung Rechtsmedizin
- Facharztausbildung Rechtsmedizin - Logbuch
- Zusatzbezeichnungen als Facharzt/-ärztin für Rechtsmedizin
- Als Facharzt/-ärztin für Rechtsmedizin arbeiten
- Passende Jobs in der Rechtsmedizin
Mit dem hier erlernten Fachwissen stehen sie im Dienste der Rechtspflege und liefern ihren Beitrag etwa durch osteologische bzw. odontologische Expertisen (Lehre vom Knochenbau/Skelettsystem bzw. vom Zahnsystem).
Facharztausbildung Rechtsmedizin im Überblick
- Anzahl Fachärztinnen und -ärzte: In Deutschland gibt es etwa 400 Fachärzte/-innen im Bereich der Rechtsmedizin. Von den knapp 300 Berufstätigen arbeitet zwei Drittel in Kliniken, die anderen in Behörden und ähnlichen Einrichtungen.
- Nicht nur Totenschau: Rechtsmediziner/innen führen nicht nur Obduktionen durch, sondern untersuchen beispielsweise auch lebende Opfer von Gewaltverbrechen und unterstützen damit die Aufklärung von Delikten.
- Dauer: Die Weiterbildungszeit für den Facharzt Transfusionsmedizin dauert in Vollzeit 60 Monate, also 5 Jahre.
Wer mehr zur Tätigkeit als Rechtsmediziner/in erfahren möchte, findet diese und alle anderen Fachrichtungen in unserer Übersicht der Facharztrichtungen. Für alle Interessierten an der Facharztausbildung Rechtsmedizin führen wir im folgenden Artikel alles Wichtige zu Voraussetzungen, Dauer, Inhalt und Karrieremöglichkeiten auf.
Voraussetzungen für die Weiterbildung zum/-r Rechtsmediziner/in
Vor der Facharztausbildung Rechtsmedizin muss ein Medizinstudium erfolgreich abgeschlossen werden. Mit Erhalt der Approbation dürfen Mediziner/innen als Arzt/Ärztin tätig werden. Somit kann eine Weiterbildungsstelle angestrebt und die Tätigkeit als Assistenzarzt/-ärztin (Arzt in Weiterbildung) für die Facharztausbildung im Fachgebiet Rechtsmedizin aufgenommen werden.
Dauer der Facharztausbildung Rechtsmedizin
Die Dauer der Facharztausbildung Rechtsmedizin beträgt insgesamt 60 Monate, was einem Zeitraum von 5 Jahren entspricht.
Die Weiterbildungszeit in der Rechtsmedizin wird bei einem Weiterbildungsbefugten an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 der Musterweiterbildungsordnung absolviert. Davon müssen abgeleistet werden:
- 6 Monate im Gebiet Pathologie
- 6 Monate im Gebiet Psychotherapie oder (forensische) Psychiatrie
Bis zu 6 Monate Weiterbildung können zum Kompetenzerwerb in anderen Gebieten erfolgen.
Mit dem erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung Rechtsmedizin wird der Facharzttitel erlangt.
Inhalte der Weiterbildung Rechtsmedizin
Folgende Inhalte sind in der Weiterbildung zum/-r Facharzt/-ärztin für Rechtsmedizin laut Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer zu durchlaufen. Bei den Zahlen in Klammern handelt es sich um Richtzahlen.
Übergreifende Inhalte der Facharzt-Weiterbildung Rechtsmedizin:
- Wesentliche Gesetze, Verordnungen und Richtlinien
- Grundlagen der Kriminalistik, insbesondere Spurenkunde, Ballistik und Waffenkunde, Tatortarbeit und operative Fallanalyse
Forensische Pathologie und Morphologie
Kognitive und Methodenkompetenzen:
- Thanatologische Grundlagen zur Interpretation von Leichenschaubefunden
- Methoden der Todeszeitschätzung
- Rechtsmedizinische Obduktionstechnik, auch bei speziellen Fragestellungen
- Forensisch-traumatologische Grundlagen einschließlich Biomechanik zur Interpretation von Verletzungsmustern, insbesondere im Hinblick auf ihre Genese
- Forensisch-histopathologische Untersuchungsmethoden sowie Grundlagen histopathologischer Befundung
- Indikation und Methoden zur Sicherung von Asservaten für weiterführende Untersuchungen, z. B. Histologie, Toxikologie, Molekulargenetik
Handlungskompetenzen:
- Beschreibung und Bewertung von Leichenschaubefunden (400)
- Dokumentation und Bewertung relevanter Befunde an Tatorten und Fundorten (25)
- Durchführung gerichtlicher Obduktionen mit rechtsmedizinischer Sektionstechnik, Beurteilung der Obduktionsbefunde und Erstellung eines Sektionsprotokolls mit vorläufigem Gutachten zur gegebenen Fragestellung (300)
- Histopathologische Befundung im Rahmen weiterführender Untersuchungen bei gerichtlichen Obduktionen in Schnitten (2.000)
- Schriftliche Gutachtenerstellung zu forensisch-pathologischen Fragestellungen unter Würdigung des Inhalts von Ermittlungsakten und/oder der Ergebnisse weiterführender Untersuchungen, z. B. Histologie, Toxikologie (50)
Klinische Rechtsmedizin
Kognitive und Methodenkompetenzen:
- Untersuchungsablauf und -techniken zur Dokumentation sowie zur Indikation und Durchführung der Asservierung von Körperflüssigkeiten und Spuren
- Forensisch-traumatologische Grundlagen zur Interpretation von Verletzungsmustern
- Weitervermittlung von Gewaltopfern in andere medizinische Disziplinen und an psychosoziale Einrichtungen
Handlungskompetenzen:
- Klinisch-forensische Untersuchungen, Beurteilung und Dokumentation von Verletzungen bei Lebenden, insbesondere in Fällen von Kindesmisshandlung und Sexualdelikten einschließlich Spurensicherung, davon
- bei Kindern (20)
- bei Sexualdelikten (20)
- Erstattung schriftlicher Gutachten zu klinisch-rechtsmedizinischen Fragestellungen unter Einbeziehung des Inhalts vorgelegter Akten (20)
Forensische Toxikologie einschließlich Alkohologie
Kognitive und Methodenkompetenzen:
- Indikation für forensisch-toxikologische Untersuchungen
- Analytische Grundlagen
- Grundlagen der Pharmakokinetik und Pharmakodynamik von Alkohol, Drogen und wichtigen zentralnervös-wirksamen Medikamenten
Handlungskompetenzen:
- Entnahme und Asservierung von Untersuchungsmaterial
- Indikationsstellung für forensisch-toxikologische Untersuchungen, z. B. Obduktionen, Lebenduntersuchungen, bei verkehrsmedizinischen Fragestellungen
- Schriftliche Gutachten mit forensisch-psychopathologischer oder verkehrsmedizinischer Fragestellung unter Einbeziehung toxikologischer Befunde, insbesondere zu Alkohol, Drogen, Medikamenten (50)
Forensische Spurenkunde und Molekulargenetik
Kognitive und Methodenkompetenzen:
- Grundlagen forensischer Spurenkunde, insbesondere Detektion, Dokumentation, Asservierung, Interpretation am Leichenfundort und bei Lebenduntersuchungen
- Grundlagen molekulargenetischer Untersuchungen
Handlungskompetenzen:
- Entnahme und Asservierung von Untersuchungsmaterial
- Indikationsstellung für Spurenuntersuchungen, insbesondere für molekulargenetische Untersuchungen, ggf. Einbeziehung von histologischen und präanalytischen Methoden
- Interpretation und diagnostische Einordnung der Ergebnisse von Spurenuntersuchungen in der rechtsmedizinischen Fallarbeit
- Schriftliche Gutachten zu Spurenbildern und deren Bewertung (10)
Forensische Anthropologie und Odontologie
Kognitive und Methodenkompetenzen:
- Anthropologische und odontologische Grundlagen zur Klärung forensischer Fragestellungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Identifizierung unbekannter Leichen und der Altersdiagnostik bei Lebenden
- Methoden zur Identifikation unbekannter Leichen
- Methoden der forensischen Altersdiagnostik
Handlungskompetenzen:
- Schriftliche Gutachten zur Frage der Identifizierung unbekannter Leichen und Leichenteile einschließlich Skelettfunde (10)
Forensische Bildgebung
Kognitive und Methodenkompetenzen:
- Grundlagen der forensischen Anwendung von bildgebenden Verfahren
Handlungskompetenzen:
- Fotodokumentation
- Indikationsstellung zu bildgebenden Verfahren
- Interpretation und diagnostische Einordnung der Befunde bildgebender Untersuchungen in der rechtsmedizinischen Fallarbeit, z. B. bei Obduktionen, Identifizierung, Altersdiagnostik, Lebenduntersuchungen
Forensische Psychopathologie
Kognitive und Methodenkompetenzen:
- Ursachen einer Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit, insbesondere bei psychiatrischen Erkrankungen, Intoxikationen
- Methodik der forensisch-psychiatrischen Begutachtung
Handlungskompetenzen:
- Indikationsstellung zur forensisch-psychopathologischen Abklärung
- Schriftliche Gutachten zur Frage der Schuldfähigkeit, insbesondere im Zusammenhang mit Intoxikationen (10)
Verkehrsmedizinische Begutachtung
Kognitive und Methodenkompetenzen:
- Ursachen der Aufhebung von Fahrsicherheit bzw. Fahreignung
- Methodik der verkehrsmedizinischen Begutachtung
Handlungskompetenzen:
- Schriftliche Gutachten zur Frage der Fahrsicherheit oder Fahreignung (20)
Arztrecht und Arztethik
Kognitive und Methodenkompetenzen:
- Grundlagen von Arztrecht und Arztethik
Handlungskompetenzen:
- Schriftliche Gutachten zu Behandlungsfehlervorwürfen (10)
Rolle als Gutachter, Praxis der Gutachtenerstattung
Kognitive und Methodenkompetenzen
- Rechte und Pflichten des Gutachters
- Rechtliche Rahmenbedingungen, z. B. Kausalitätstheorien in Straf- und Zivilrecht
Handlungskompetenzen
- Erstattung mündlicher Gutachten bei Gericht (50)
Facharztausbildung Rechtsmedizin – Logbuch
Das Logbuch skizziert und dokumentiert den Weiterbildungsgang Rechtsmedizin sowie die darin erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten. Es ist ein verpflichtender Bestandteil im Rahmen der Facharztausbildung Rechtsmedizin. Nach dem erfolgreichen Durchlaufen aller Inhalte der Weiterbildung Rechtsmedizin, muss das Logbuch komplett ausgefüllt und unterschrieben an die zuständige Ärztekammer geschickt werden.
Die Bundesärztekammer bietet ein Muster-Logbuch Rechtsmedizin zum Download an.
eLogbuch für die Weiterbildung zum/-r Rechtsmediziner/in
Damit Fortschritte in der Weiterbildung bundesweit vergleichbar dokumentiert werden können und beispielsweise bei einem Wechsel zwischen Ärztekammern während der Facharztweiterbildung keine Probleme auftreten, ist seit November 2020 ein elektronisches Logbuch (eLogbuch) verpflichtend. Damit werden bundesweit einheitlich die Weiterbildungsinhalte und Fortschritte dokumentiert. Registrierung und Anmeldung für das eLogbuch erfolgt über die Online-Portale der Landesärztekammern.
Zusatzbezeichnungen als Facharzt/-ärztin für Rechtsmedizin
Die Facharztausbildung muss noch nicht das Ende des Weges für Fachärzte/-innen sein. Zusatzweiterbildungen bieten sich an, um die Fähigkeiten und Kenntnisse zu intensivieren bzw. sich breiter auszubilden. Ärzte/-innen in Weiterbildung zum/-r Rechtsmediziner/in können bereits 24 Monate nach Beginn der Facharztausbildung eine Zusatz-Weiterbildung beginnen. Sie ist in folgenden Fachgebieten möglich:
Nach erfolgreicher Facharztprüfung öffnen sich die Türen zu weiteren Zusatzbezeichnungen durch Zusatz-Weiterbildungen. Als Facharzt/-ärztin für Rechtsmedizin kann man in folgenden Bereichen eine Zusatzbezeichnung anstreben:
- Immunologie
- Magnetresonanztomographie
- Naturheilverfahren
- Phlebologie
- Sozialmedizin
- Spezielle Schmerztherapie
Weitere Spezialisierungsmöglichkeiten
Neben Zusatzweiterbildungen gibt es weitere Möglichkeiten, sich als Rechtsmediziner/in zu spezialisieren. Fortbildungs- und Spezialisierungsmöglichkeiten wie Forensische Genetik werden z.B. über die Deutsche Gesellschaft für Rechtsmedizin angeboten.
Als Facharzt/-ärztin für Rechtsmedizin arbeiten
Fachärzte/-innen in der Rechtsmedizin stellt man sich klassischerweise bei Obduktionen und Leichenschauen vor. Die meisten Rechtmediziner/innen arbeiten in entsprechenden Bereichen von:
- rechtsmedizinischen Instituten
- Universitäten
- rechtsmedizinischen Abteilungen von Krankenhäusern
Ebenso beim gerichtsärztlichen Dienst oder beim Landes- und Bundeskriminalamt ist die Arbeit in der Rechtsmedizin möglich. Auch in der medizinischen Forschung und Lehre oder niedergelassen in eigener Praxis können Rechtsmediziner/innen ihrer Tätigkeit nachgehen.
Passende Jobs in der Rechtsmedizin
praktischArzt ist die große Jobbörse für Ärzte in Deutschland. Alles zum von Rechtsmediziner-Gehalt und dem Facharzt-Gehalt anderer Fachgebiete findet sich in unserem Karrierebereich. In der Stellensuche sind täglich Rechtsmedizin Stellenangebote für Assistenzarzt, Facharzt, Oberarzt und Chefarzt gelistet.