
Die Facharztausbildung Orthopädie und Unfallchirurgie befasst sich mit Vorbeugung, Diagnose, Therapie und Behandlung von Krankheiten des Stütz- und Bewegungsapparates. Krankheitsbilder, die im Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie behandelt werden, sind beispielsweise Arthritis, Arthrose, Frakturen, Muskelverletzungen oder Osteoporose.
Inhaltsverzeichnis
Bis zum Jahr 2005 waren die Facharzt-Weiterbildung Orthopädie sowie die Facharzt-Weiterbildung Unfallchirurgie eigenständige voneinander getrennte Fachgebiete der Chirurgie. Im folgenden Beitrag gibt es alle wichtigen Informationen zur aktuellen Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie.
Facharztausbildung Orthopädie und Unfallchirurgie im Überblick
- Anzahl Fachärztinnen und -ärzte: In Deutschland gibt ungefähr 11.500 Orthopädinnen und Orthopäden bzw. und Unfallchirurgen/-innen. Davon ist etwa die Hälfte in Krankenhäusern und Kliniken angestellt (49,9%).
- Geschlechterverteilung: Im Fachgebiet der Orthopädie und Unfallchirurgie überwiegen Männer. Weniger als 17 Prozent in dem Fachgebiet sind Ärztinnen.
- Dauer: Die Facharztausbildung Orthopädie und Unfallchirurgie dauert insgesamt 72 Monate, was einem Zeitraum von 6 Jahren in Vollzeit entspricht.
Facharztausbildung Orthopädie und Unfallchirurgie – Voraussetzungen
Um eine Facharztausbildung zu beginnen, muss zunächst das Medizinstudium erfolgreich absolviert werden.
Mit Zugang der Approbation erhält man die Berechtigung, als Arzt/Ärztin zu Arbeiten. Nun kann die Tätigkeit als Assistenzarzt /-ärztin (Arzt/Ärztin in Weiterbildung) beginnen. Die Weiterbildungszeit als Assistenzarzt/-ärztin ist die Zeit der Facharztausbildung, in welcher man die Möglichkeit hat, sich in dem Fachgebiet Orthopädie und Unfallchirurgie zu spezialisieren. Am Ende wartet die Facharztprüfung – und bei Bestehen der verdiente Facharzttitel.
Weiterbildung Orthopädie und Unfallchirurgie – Dauer
Die Dauer der Facharztausbildung Orthopädie und Unfallchirurgie beträgt insgesamt 72 Monate, was einem Zeitraum von 6 Jahren in Vollzeit entspricht. Die Weiterbildungszeit in der Orthopädie und Unfallchirurgie wird bei einem Weiterbildungsbefugten an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 der Musterweiterbildungsordnung absolviert.
Insgesamt ist die Weiterbildungszeit wie folgt abzuleisten, jeweils
- 24 Monate Basisweiterbildung im Fachbereich Chirurgie (Common Trunk), davon sind abzuleisten:
- 6 Monate Notfallaufnahme
- 6 Monate Intensivmedizin
- 12 Monate in der Chirurgie (davon 6 Monate Ambulanz)
- 48 Monate Weiterbildung zum/-r Facharzt/-ärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie, wovon bis zu 12 Monate in einer der anderen Facharztweiterbildungen des Fachgebietes der Chirurgie oder im Fachgebiet der Neurochirurgie abgeleistet bzw. angerechnet werden. Es besteht daher auch die Möglichkeit, erst nach der Basisweiterbildung in der allgemeinen Chirurgie die Entscheidung über einen chirurgischen Spezialisierungsweg zu treffen. Weitere Möglichkeiten wären:
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Gefäßchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Herzchirurgie
- Weiterbildung Facharzt /-ärztin Kinder- und Jugendchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Plastische, Rekonstruktive, Ästhetische Chirurgie
- Weiterbildung Facharzt /-ärztin Thoraxchirurgie
- Weiterbildung Facharzt/-ärztin Viszeralchirurgie
Inhalte der Weiterbildung Facharzt/-ärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie
Im Rahmen der Weiterbildungsordnung der Facharztausbildung Orthopädie und Unfallchirurgie werden zwischen „kognitiven Kompetenzen und Methodenkompetenzen (Kenntnisse)“ und „zu vermittelnde Handlungskompetenzen (Erfahrungen und Fertigkeiten)“ unterschieden.
Folgende Inhalte sind in der Weiterbildung zum/-r Facharzt/-ärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie zu durchlaufen. Die Zahlen in Klammern benennen die jeweiligen Richtzahlen.
1. Gemeinsame Inhalte der Facharztweiterbildungen im Gebiet Chirurgie
Übergreifende Inhalte Chirurgie
- Wesentliche Gesetze, Verordnungen und Richtlinien
- Chirurgische Techniken und Instrumentengebrauch, insbesondere Inzision, Präparation, Retraktion, Naht- und Knotentechniken einschließlich Laseranwendung unter Berücksichtigung der verschiedenen Gewebestrukturen
- Chirurgische perioperative Behandlung einschließlich Vorbereitung, Lagerungstechniken, Nachsorge und Komplikationsmanagement sowie Indikationsstellung zu weiterführenden Maßnahmen
- Techniken der temporären Ruhigstellung und Fixationsverbände
- Prophylaxe, Diagnostik und Therapie von Thrombosen
- Wundheilung und Narbenbildung
- Wundmanagement und stadiengerechte Wundtherapie sowie Verbandslehre einschließlich verschiedene Wundauflagen, Unterdruck- und Kompressionstherapie
- Defektdeckung bei akuten und chronischen Wunden
- Grundlagen der medikamentösen Tumortherapie
- Basisbehandlung palliativmedizinisch zu versorgender Patienten/-innen
- Scoresysteme und Risikoeinschätzung
Lokalanästhesie und Schmerztherapie
- Lokal- und Regionalanästhesien
- Abklärung peri- und postoperativer Schmerzzustände
- Diagnostik und Therapie nach dokumentierten Schmerztherapieplänen
- Behandlung von Patienten/-innen mit komplexen Schmerzzuständen
- Injektionen und Punktionen
Notfall- und Intensivmedizin
- Erkennung und Behandlung akuter Notfälle einschließlich lebensrettender Maßnahmen
- Kardiopulmonale Reanimation
- Pathophysiologie von schweren Verletzungen, des Polytraumas und deren Folgen
- Indikationsstellung zur Notfall-Laparotomie und Thorakotomie
- Überwachung, Monitoring, Dokumentation und Betreuung von intensivmedizinischen Patienten/-innen
- Differenzierte Beatmungstechniken
- Atemunterstützende Maßnahmen bei intubierten und nicht-intubierten Patienten/-innen
- Beatmungsentwöhnung bei langzeitbeatmeten Patienten/-innen
- Mitbehandlung bei septischen Krankheitsbildern
- Pharmakologie der Herz-Kreislauf-Unterstützung
- Infusions-, Transfusions- und Blutersatztherapie, enterale und parenterale Ernährung
- Zentralvenöse Zugänge (20)
- Arterielle Kanülierung und Punktionen
- Thorax-Drainage
- Legen eines transurethralen und/oder suprapubischen Katheters
2. Spezifische Inhalte der Facharztausbildung Orthopädie und Unfallchirurgie
Übergreifende Inhalte Orthopädie und Unfallchirurgie
- Biomechanik der Bewegungsorgane
- Technische und biomechanische Grundlagen operativer und konservativer Verfahren
- Wissenschaftlich begründete Gutachtenerstellung (10)
- Einleitung und Durchführung von berufsgenossenschaftlichen Heilverfahren einschließlich Durchgangsarztverfahren
Diagnostische Verfahren
- Richtungsweisende Sonographie der Säuglingshüfte
- Durchführung und Befunderstellung von Ultraschalluntersuchungen (300), davon:
- Notfallsonographien (eFAST) (50)
- am Bewegungsapparat einschließlich Arthrosonographien (50)
- Indikation, Durchführung und Befunderstellung von konventioneller Röntgendiagnostik, davon
- Notfalldiagnostik: Röntgendiagnostik ohne CT im Rahmen der Erstversorgung bei Erwachsenen und Kindern
- am Skelett
- intraoperative radiologische Befundkontrolle
- Indikationsstellung und Befundinterpretation weiterer bildgebender Verfahren
- Indikation, Durchführung und Befunderstellung der Osteodensitometrie (50)

Wird eine Osteodensitometrie (Knochendichtemessung) durchgeführt, so misst man den Mineralsalzgehalt der Knochen.
- Indikationsstellung und Befundinterpretation neurophysiologischer Diagnostik
Weichteilverletzungen und Wunden
- Therapieoptionen komplexer Weichteilverletzungen, Wunden und Verbrennungen sowie Infektionen der Weichteile, des Knochens und der Gelenke
- Diagnostik von komplexen Weichteilverletzungen und Wunden, die mit einer Knochenverletzung einhergehen
- Diagnostik und Therapie unkomplizierter Weichteilverletzungen einschließlich einfacher thermischer Verletzungen
- Prävention, Diagnostik und Therapie des zentralen und peripheren Kompartmentsyndroms
Konservative Therapiemaßnahmen
- Grundlagen manualmedizinischer Verfahren
- Indikationsstellung, Überwachung und Dokumentation von Verordnungen der physikalischen Therapie bei Erkrankungen der Stütz- und Bewegungsorgane, insbesondere
- zur Prävention
- zur Frühmobilisation und Rehabilitation
- Therapieoptionen einschließlich schmerztherapeutischer Maßnahmen bei degenerativ-entzündlichen Erkrankungen
- Konservative Therapie einschließlich schmerztherapeutischer Maßnahmen, davon
- bei degenerativen Erkrankungen (100)
- bei angeborenen und erworbenen Deformitäten im Kindes- und Erwachsenenalter (100)
- bei Luxationen, Frakturen, Distorsionen (200)
- Injektionen und Punktionen an Stütz- und Bewegungsorganen auch radiologisch/sonographisch gestützt, davon
- an der Wirbelsäule (50)
- Indikation, Gebrauchsschulung und Überwachung von Hilfsmitteln an den Stütz- und Bewegungsorganen, insbesondere bei Einlagen, Orthesen und Prothesen
- Grundlagen alternativer Heilverfahren
Deformitäten und Reifungsstörungen
- Angeborene und erworbene Deformitäten im Kindes- und Jugendalter, z. B. bei Hüftdysplasie, Wirbelsäulen- und Fußdeformitäten

Ultraschalluntersuchung der Säuglingshüfte
- Diagnostik angeborener und erworbener Deformitäten und Reifungsstörungen der Stütz- und Bewegungsorgane
Rheumatische Erkrankungen
- Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
- Therapieoptionen entzündlich-rheumatischer Erkrankungen an den Bewegungsorganen
Verletzungen, Erkrankungen und Funktionsstörungen der Hand und des Unterarms
- Verletzungen und Funktionsstörungen der Hand und des Unterarms
- Erstversorgung von Verletzungen, Erkrankungen und Funktionsstörungen der Hand und des Unterarms (20)
Sportverletzungen
- Diagnostik und Therapie von Sportverletzungen und Sportschäden
Tumore an den Stütz- und Bewegungsorganen
- Konservative und operative Therapieoptionen von muskuloskelettalen Tumorerkrankungen
- Diagnostik von muskuloskelettalen Tumorerkrankungen
Polytraumamanagement
- Diagnostik, Therapie und interdisziplinäres Management für Schwer- und Mehrfachverletzte, davon
- mit einem Injury Severity Score (ISS) von mindestens 16 Punkten (10)
Operative Verfahren
- Grundlagen der operativen Technik und Operationsschritte bei Erkrankungen und Verletzungen an den Stütz- und Bewegungsorganen
- Weichteileingriffe, insbesondere an Sehnen, Bändern, Muskeln, Haut, Weichteiltumoren, Nerven, Synovia (50), davon
- Nervenfreilegungen und Neurolysen (10)
- notfallmäßige Versorgung von Gefäßen (10)
- Therapeutische Arthroskopien an großen Gelenken, insbesondere Knie-, Sprung- und Schultergelenk (60), davon
- Knie (20)
- Schulter (20)

Arthroskopischer Eingriff am Knie
- Osteosynthesen bei Frakturen und Osteotomien an der oberen Extremität ( 60), davon
- Plattenosteosynthesen (10)
- Marknagelungen (10)
- Fixateur externe (10)
- Zuggurtungsosteosynthesen (5)
- Osteosynthesen bei Frakturen und Osteotomien an der unteren Extremität (60), davon
- Plattenosteosynthesen (10)
- Marknagelungen (10)
- Fixateur externe (10)

Der Fixateur externe wird als externe Haltevorrichtung überwiegend bei komplizierten Frakturen mit offenen Wunden an den Extremitäten eingesetzt.
- Zuggurtungsosteosynthesen (5)
- Versorgung mit Primärendoprothesen (Richtzahl: 40), davon
- Hüfte (20)
- Knie (10)
- Becken- und Wirbelsäuleneingriffe (Richtzahl: 15)
- Operative Therapie bei Infektionen an Weichteilen, Knochen oder Gelenken (Richtzahl: 20)
- Implantatentfernungen (Richtzahl: 50)
- Erste Assistenz bei Eingriffen höherer Schwierigkeitsgrade, z. B. bei Implantatwechsel (Richtzahl: 20)
Strahlenschutz
- Grundlagen der Strahlenbiologie und Strahlenphysik bei der Anwendung ionisierender Strahlen am Menschen
- Grundlagen des Strahlenschutzes beim Patienten/-innen und Personal einschließlich der Personalüberwachung und des baulichen und apparativen Strahlenschutzes
- Voraussetzungen zur Erlangung der erforderlichen Fachkunden im gesetzlich geregelten Strahlenschutz
Weiterbildung Orthopädie und Unfallchirurgie: Das Logbuch
Das Ausbildungslogbuch ist ein verpflichtender Bestandteil im Rahmen der Facharztausbildung Orthopädie und Unfallchirurgie. Nach dem erfolgreichen Durchlaufen aller Inhalte der Weiterbildung Orthopädie und Unfallchirurgie muss es komplett ausgefüllt und unterschrieben an die zuständige Ärztekammer geschickt werden. Das Logbuch enthält den Weiterbildungsgang Orthopädie und Unfallchirurgie sowie alle dokumentierten Inhalte und Kenntnisse, die im Rahmen der Facharztausbildung vermittelt wurden. Die Bundesärztekammer bietet ein Muster-Logbuch Orthopädie und Unfallchirurgie zum Download an.
eLogbuch
Für alle neuen Ärzte/Ärztinnen in Weiterbildung ist seit dem 01.11.2020 das Führen eines elektronischen Logbuchs (eLogbuch) verpflichtend. Das elektronische Logbuch ermöglicht eine kontinuierliche Dokumentation der absolvierten Weiterbildungsinhalte. Ein Antrag auf Zulassung zur Facharztprüfung ohne Ausfüllen des eLogbuches wird abgelehnt. Registrierung und Anmeldung hier.
Zusatz-Weiterbildungen als Facharzt/-ärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie
Assistenzärzte/-innen können innerhalb der Facharztweiterbildung bereits nach 24 Monaten Zusatz-Weiterbildungen absolvieren:
- Zusatz-Weiterbildung Notfallmedizin
- Zusatz-Weiterbildung Tropenmedizin
- Zusatz-Weiterbildung Medizinische Informatik
Mit dem erfolgreichen Abschluss der Weiterbildung für Orthopädie und Unfallchirurgie wird der Facharzttitel erlangt. Im Anschluss daran können auch Zusatzbezeichnungen erworben werden. Folgende Zusatzweiterbildungen können Fachärzte/-innen für Orthopädie und Unfallchirurgie absolvieren:
- Ärztliches Qualitätsmanagement
- Akupunktur
- Balneologie und Medizinische Klimatologie
- Betriebsmedizin
- Ernährungsmedizin
- Flugmedizin
- Hämostaseologie
- Handchirurgie
- Intensivmedizin
- Immunologie
- Kinder- und Jugend-Orthopädie
- Klinische Akut- und Notfallmedizin
- Krankenhaushygiene
- Magnetresonanztomographie
- Manuelle Medizin
- Naturheilverfahren
- Orthopädische Rheumatologie
- Palliativmedizin
- Phlebologie
- Physikalische Therapie
- Psychotherapie
- Rehabilitationswesen
- Sexualmedizin
- Sozialmedizin
- Spezielle Orthopädische Chirurgie
- Spezielle Schmerztherapie
- Spezielle Unfallchirurgie
- Sportmedizin
- Suchtmedizinische Grundversorgung
Mögliche Arbeitgeber für Fachärzte/-innen Orthopädie und Unfallchirurgie
In Deutschland sind ungefähr 11.500 Ärzte/-innen mit dem Facharzttitel Facharzt/-ärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie beschäftigt. Hiervon ist etwa eine Hälfte im stationären Bereich in Krankenhäusern und Kliniken angestellt.
Spezialisierte Orthopäden/-innen sind häufiger im ambulanten Sektor in eigener Niederlassung beschäftigt während Unfallchirurgen/-innen überwiegend im stationären Bereich in Krankenhäuser und Kliniken angestellt sind und akute Notfälle sowie geplante Operationen durchführen.
Passende Jobs in der Orthopädie und Unfallchirurgie
praktischArzt ist die große Jobbörse für Ärzte und Ärztinnen in Deutschland. Informationen zum Facharzt-Gehalt für Orthopäden/-innen und anderen Facharztrichtungen finden sich in unserem Karrierebereich. In der Stellensuche sind täglich zahlreiche Orthopädie und Unfallchirurgie Jobs für Assistenz-, Fach-, Ober- und Chefärzte/-innen gelistet.