Mit der Schwerpunkt-Weiterbildung Neuropädiatrie erwerben Kinderärzte/-innen in Deutschland eine sehr bedeutsame und komplexe Fachkenntnis, die den Kleinsten und Jüngsten der Gesellschaft zugutekommt.
Inhaltsverzeichnis
Damit Kinder und Jugendliche mit neurologischen Erkrankungen die bestmögliche Chancen auf eine bestmögliche Lebensqualität erhalten, ist der Schwerpunkt Neuropädiatrie unersetzlich.
Schwerpunkt-Weiterbildung Neuropädiatrie im Überblick
- Anzahl Fachärzte/-innen: In Deutschland es gibt laut Ärztestatistik 2022 (Stand 31.12.22) 811 Fachärzte/-innen mit Schwerpunkt Neuropädiatrie, wovon 684 berufstätig sind. 435 sind im stationären Bereich, 6 bei einer Behörde (z.B. Gesundheitsamt) und 199 ambulanten Niederlassung tätig.
- Dauer: Die Zusatzweiterbildung "Schwerpunkt Neuropädiatrie" dauert 24 Monate (2 Jahre) als Vollzeitweiterbildung.
Das Fachgebiet Neuropädiatrie
Bekannt auch unter der Bezeichnung “Kinder- und Jugendneurologie” beschäftigten sich hier Ärzte/-innen schwerpunktmäßig mit körperlichen sowie geistigen Entwicklungen und Erkrankungen, die das Nervensystem von Kindern und Jugendlichen betreffen. Dies schließt auch Probleme der Muskulatur ein, sofern diese aufgrund neurologischer Zustände eine Beeinträchtigung aufweisen. Das Themengebiet umfasst die Entwicklungsneurologie, neurologische Behinderungen und Störungen des Bewegungsapparates sowie Erkrankungen mit Anfällen, wie beispielsweise Epilepsie. Zu den Patienten/-innen zählen ausschließlich Kinder und Jugendliche bis zu einem Alter von 18 Jahren.
Voraussetzungen für die Schwerpunkt-Weiterbildung Neuropädiatrie
Die Weiterbildung im Schwerpunkt Neuropädiatrie ist nur für Mediziner/innen mit der abgeschlossenen Weiterbildung zum/-r Facharzt/-ärztin für Kinder- und Jugendmedizin möglich.
Dauer der Weiterbildung
In der Regel erfolgt die Schwerpunkt-Weiterbildung Neuropädiatrie im Rahmen der Berufstätigkeit als Fortbildungsmaßnahme und in Vollzeit. In dem Fall beträgt die Ausbildungsdauer 24 Monate, was zwei Jahren entspricht. Wird die Weiterbildung in Teilzeit zu absolvieren, verlängert sich die Dauer der Zusatzweiterbildung entsprechend.
Von den 24 Monaten können zum Kompetenzerwerb bis zu 6 Monate Weiterbildung in den Bereichen Neurologie und/oder Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie erfolgen.
Inhalte der Schwerpunktweiterbildung
Folgende Inhalte sind laut Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer (MWBO) während der Schwerpunktausbildung zu durchlaufen. Dabei ist zu beachten, dass die MWBO lediglich zur Orientierung dient, da die zuständigen Landesärztekammern nicht daran gebunden sind und es so zu unterschieden zwischen den Weiterbildungen je nach Bundesland kommen kann. Inhalte unterscheiden sich hinsichtlich theoretischen und praktischen Kenntnissen bzw. Fertigkeiten.
Übergreifende Inhalte der Schwerpunkt-Weiterbildung Neuropädiatrie
Kognitive und Methodenkompetenz (Kenntnisse)
- Richtlinie zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Diagnostik angeborener Störungen der Motorik und der Sinnesfunktionen sowie assoziierter Erkrankungen
- Prävention, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von Erkrankungen des zentralen, peripheren und vegetativen Nervensystems, der Muskulatur und bei Entwicklungsstörungen
- Weiterführende Behandlung von Schmerzerkrankungen, insbesondere Kopfschmerzerkrankungen
- Basisbehandlung palliativmedizinisch zu versorgender Patienten
Neuropädiatrische Intensivmedizin
Kognitive und Methodenkompetenz (Kenntnisse)
- Stadieneinteilung und Verlauf zerebraler Vigilanzstörungen und intrakranieller Drucksteigerung
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- neurologische und neurophysiologische Beurteilung intensivmedizinisch betreuter Kinder und Jugendlicher
- Durchführung des Verfahrens zur Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms gemeinsam mit einem hierfür qualifizierten Facharzt
Neuropädiatrische Erkrankungen
Kognitive und Methodenkompetenz (Kenntnisse)
- neuroradiologische und neurochirurgische Interventionsverfahren
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- weiterführende Diagnostik und Therapie
- angeborener Erkrankungen und Fehlbildungen des Zentralnervensystems und des peripheren Nervensystems
- infektiöser und autoimmunologischer Erkrankungen des Zentralnervensystems und des peripheren Nervensystems
- neurometabolischer und degenerativer Erkrankungen
- vaskulärer Erkrankungen des Zentralnervensystems und des peripheren Nervensystems
- zerebraler Krampfanfälle und Epilepsien
- neuromuskulärer und muskulärer Erkrankungen
Hypoxämie bedingte traumatische und toxische Erkrankungen
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Behandlung zerebraler Verletzungsmuster einschließlich non-akzidenteller Muster, insbesondere beim Schütteltrauma
- weiterführende Diagnostik und Therapie hypoxisch bedingter traumatischer und toxischer Erkrankungen des Zentralnervensystems und des peripheren Nervensystems
Tumore des Nervensystems
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- interdisziplinäre Diagnostik, Nachsorge und Rehabilitation von Tumoren des Nervensystems
Entwicklungsstörungen
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- weiterführende Diagnostik und Therapie von Entwicklungsstörungen
Neurorehabilitation
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Einordnung, Beurteilung und Beratung von Behinderungen und ihren psychosozialen Folgen einschließlich der Definition von
Rehabilitationszielen und Fördermaßnahmen
Untersuchungs- und Behandlungsverfahren
Handlungskompetenz (Erfahrungen und Fertigkeiten)
- Elektroenzephalogramm einschließlich amplitudenintegriertem EEG
- Mitwirkung bei Polygraphie und neurophysiologischen Untersuchungen, insbesondere Elektromyographie, Elektroneurographie, visuell, somatosensibel, motorisch und akustisch evozierte Potenziale
- Sonographie des zentralen und peripheren Nervensystems und der Muskulatur
- Indikationsstellung und Befundinterpretation radiologischer Untersuchungen, insbesondere Computertomographie und
Magnetresonanztomographie
Prüfung und Abschluss
Für die Prüfung muss man bei der zuständigen Ärztekammer eine Zulassung beantragen. Diese wird erteilt, wenn alle Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehören unter anderem der Nachweis der erforderlichen Facharztausbildung, die Erreichung der Mindestdauer der Weiterbildung sowie ein vollständig ausgefülltes und unterschriebenes Logbuch.
Das Logbuch zur Weiterbildung
Das Logbuch ist mit einem Berichtsheft vergleichbar, wie es beispielsweise Auszubildende als Medizinische Fachangestellte führen. Hierin werden in regelmäßigen Abständen Details über die Weiterbildung vor allem in Bezug auf die behandelten Lehrinhalte und die jeweiligen Stundenanzahlen dokumentiert. Das Logbuch gilt als Nachweis darüber, dass alle erforderlichen Lehrinhalte im erforderlichen Umfang behandelt wurden.
Je nach Landesärztekammer ist das Logbuch in Papierform zu führen oder als sogenanntes eLogbuch (elektronisches Logbuch) online in digitaler Form auszufüllen. Letzteres kann über die digitale Signatur unterschrieben und direkt zur Einsicht der Ärztekammer für die Prüfungszulassung online bereitgestellt werden.
Die Prüfung erfolgt in Anlehnung an die gelehrten Inhalte der gesamten Weiterbildungsdauer für den Schwerpunkt Neuropädiatrie. Die Prüfungsfragen können mündlich und/oder praktisch erfolgen. Die Prüfungsdauer erstreckt sich laut MWBO über mindestens 30 Minuten.
Offiziell wird der erworbene Schwerpunkttitel erst nach Beantragung zum Eintrag in das Registrierungsregister der zuständigen Ärztekammer. Dies nimmt in der Regel bis zu zwei Wochen in Anspruch. Danach wird die Zertifizierung ausgehändigt und es darf mit der Zusatzbezeichnung im Berufsfeld gearbeitet werden.
Karrieremöglichkeiten als Neuropädiater/in
Die meisten Kinder- und Jugendmediziner/innen mit Schwerpunkt Neuropädiatrie sind im stationären Bereich beschäftigt, wo sie hauptsächlich in Kliniken auf neurologischen Stationen, speziellen neurochirurgischen Einrichtungen und insbesondere in Kinderkrankenhäusern beziehungsweise in neurochirurgischen Kinderkliniken angestellt sind. Mit der Weiterbildung öffnen sich Türen für Fachärzte/-innen, die damit verbesserte Chancen haben von Stationsarzt/-ärztin über Oberarzt/-ärztin bis hin zum/-r Chefarzt-/-ärztin und gegebenenfalls Klinikchef/in die Karriereleiter emporzusteigen.
Des Weiteren werden Neuropädiater/innen in Reha-Kliniken und Test-Zentren für neurologische Diagnostik benötigt. Ein Aufstieg mit erwartbaren Gehaltssteigerungen ist auch im wissenschaftlichen Bereich möglich, wo Neuropädiater/-innen für verbesserte Diagnoseverfahren und Behandlungsmöglichkeiten sowie vorbeugende Techniken erforschen.
Ein geringerer Teil der Neuropädiater/-innen lässt sich mit Gründung einer eigenen Praxis nieder.
Auch die Kombination aus Praxis- und Klinikanstellung erlaubt einen Karriereschub. Vor allem Ärztinnen mit Kindern sehen in diesem Modell die Möglichkeit, als “Teilzeit-Selbstständige” eine verbesserte Arbeitszeit-Koordination, um mehr Familienzeit trotz Berufstätigkeit und ohne Karriere-Verzicht zu erhalten.
Gehaltsperspektiven als Kinder- und Jugendmediziner mit Schwerpunkt Neuropädiatrie
Laut Statistiken und Umfragen verdienen 50 Prozent der Fachärzte/-innen für Pädiatrie zwischen 5.660 Euro und 8.691 Euro brutto bei einer 40-Stunden Arbeitswoche. Das macht einen Medianwert von 7.175,50 Euro brutto für eine Vollzeitbeschäftigung im Angestelltenverhältnis.
Durch die Schwerpunktweiterbildung steigt jedoch nicht zwingend das Gehalt. Wie bereits erwähnt, steigen damit aber die Chancen auf besser bezahlte Führungspositionen. Ein/e Chefarzt/-ärztin der Neuropädiatrie kann weit über 20.000 Euro brutto pro Monat verdienen und damit das Facharzt-Gehalt in der allgemeinen Pädiatrie übersteigen. Mehr dazu erklären wir hier:
Häufige Fragen
- Was ist der Schwerpunkt Neuropädiatrie?
- Wie erhält man die Zusatzbezeichnung Neuropädiater/in?
- Wie lange dauert die Weiterbildung im Schwerpunkt Neuropädiatrie?
Der Schwerpunkt Neuropädiatrie baut auf der Facharztausbildung der Kinder- und Jugendmedizin auf. Ärzte/-innen mit dieser Zusatzausbildung sind in der Diagnostik, Behandlung und Prävention von neurologischen Erkrankungen und Störungen sowie in der Förderung betroffener Patientinnen und Patienten bis zu einem Alter von 18 Jahren tätig.
Bewerber/innen haben ein abgeschlossenes Medizinstudium sowie eine Facharztausbildung in der Kinder- und Jugendmedizin und eine gültige Approbation vorzuweisen. Dann kann eine Schwerpunktweiterbildung in Neuropädiatrie erfolgen.
Wird die Schwerpunkt-Weiterbildung Neuropädiatrie in Vollzeit durchgeführt, beträgt die Ausbildungszeit 24 Monate (2 Jahre).
- Bundesärztekammer, (Muster-) Weiterbildungsverordnung, https://www.bundesaerztekammer.de/... (Abrufdatum 15.11.2023)
- Bundesärztekammer, Ärztestatistik 2022, https://www.bundesaerztekammer.de/... (Abrufdatum 15.11.2023)