Für (angehende) Chefärzte ist es entscheidend, einen Dienstvertrag / Chefarztvertrag auf „Herz und Nieren“ zu prüfen, um die eigenen Ansprüche und Interessen durchzusetzen. Dies kann zu wesentlich besseren Ergebnissen hinsichtlich Einkommen und Arbeitsplatzstruktur führen.
Inhaltsverzeichnis
Die Chefarztposition
Vom Grundsatz her ist die Sache eindeutig. Der Chefarzt ist verantwortlicher Leiter der Abteilung eines Krankenhauses und verantwortet in dieser Funktion die medizinischen und strukturellen/personellen Abläufe in seiner Abteilung. Er überwacht die Tätigkeit der Oberärzte, leitet die Assistenzärzte an und im Rahmen der Chefarztvisite berät er die behandelnden Ärzte in Diagnostik und Therapie. Der Chefarzt untersteht regelmäßig dem ärztlichen Direktor beziehungsweise der Geschäftsführung einer Einrichtung. Zudem ist er zu einem zweckmäßigen, wirtschaftlichen und sparsamen Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen verpflichtet.
Chefarztvertrag: Detaillierte Prüfung sinnvoll
Der Chefarztvertrag ist ein Arbeitsvertrag zwischen Krankenhausträger und Chefarzt. In der Praxis ist indes zu beobachten, dass sich die Standard-Vertragsgestaltungen von Krankenhäusern in den vergangenen Jahren stark nachteilig für die Chefärzte entwickelt haben. Der Entwurf des Chefarztvertrages orientiert sich in der Regel an dem Mustervertrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Diese Musterbedingungen sind aber häufig für den Chefarzt ungünstig formuliert und orientieren sich vornehmlich an den Interessen Arbeitgeberseite. Dies hängt mit dem wirtschaftlichen Druck zusammen, dem sich Krankenhausträger mehr und mehr ausgesetzt sehen. So sollen durch bestimmte Passus beispielsweise die Verdienstmöglichkeiten beschnitten werden.
Wird der Chefarztvertrag als Dienst- oder Arbeitsvertrag bezeichnet, hat dies keinerlei Auswirkungen auf die vertraglich festgelegten Rechte und Pflichten. Die Bezeichnung „Chefarzt“ ist zudem nicht zwingend vorgegeben. Sie wird häufig in Verträgen durch „Leitender Abteilungsarzt“ oder „Fachabteilungsleiter“ substituiert.
So weit, so gut – aber wie wirken sich diese und weitere Details der chefärztlichen Arbeitsplatzgestaltung auf den Dienstvertrag einer solchen medizinischen Führungskraft aus? Der „Chefarztvertrag“ ist ein ganz wesentlicher Bestandteil des Arbeitsverhältnisses und sollte nicht als Selbstläufer von den Ärzten selbst angesehen werden. Aufgrund der vielfältigen Besonderheiten, Rechte und Pflichten eines Chefarztes kommt es im Chefarztvertrag auf präzise Formulierungen, strategisches Verhandlungsgeschick und Weitblick an, um alle aktuellen und potenziellen Gegebenheiten und Anforderungen gerecht zu werden – schließlich hängen davon Erfolg der Position und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten, aber auch Haftungsfragen und andere arbeitsrechtliche Fragestellungen ab.
Befristung und Probezeit
Die allgemeinen Grundsätze zur Befristung von Arbeitsverträgen gelten auch für Chefarztverträge. Man kann sie dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBefG) entnehmen. Eine Befristung, die nach den allgemeinen Grundsätzen unzulässig ist, kann nicht zum Nachteil des Chefarztes durchgesetzt werden.
Der Chefarztvertrag kann eine Probezeit vorsehen, die allerdings eine Dauer von sechs Monaten nicht überschreiten darf. Innerhalb einer relativ kurzen Kündigungsfrist (in den meisten Fällen beträgt diese vier Wochen) können beide Vertragspartner das Arbeitsverhältnis aufheben.
Sollten Sie bereits als Oberarzt im gleichen Haus tätig gewesen sein und nehmen die Position des Chefarztes ein, darf nach dem Kündigungsschutzgesetz keine neue Probezeit vereinbart werden. Zudem ist eine Befristung zur Erprobung nur bei einer Neuanstellung zulässig. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass Sie dem Arbeitgeber nicht von vorangegangenen Tätigkeiten als Arbeitnehmer bekannt sind. (vgl. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG).
Chefarzt Gehalt: Spürbare Gehaltsschwankungen
Zwar verdienen Chefärzte weiterhin sehr gut, eine Kienbaum-Studie hat einen Durchschnittswert von knapp 280.000 Euro jährlich ermittelt. Die gleiche Studie stellt aber auch erhebliche Differenzen heraus. Deutsche Chefärzte können in Deutschland zwischen 80.000 und 750.000 Euro im Jahr verdienen. Damit schwanken die Einkommensmöglichkeiten wirklich spürbar.
Die Vergütung des Chefarztes setzt sich oftmals aus einem Grundgehalt, einer variablen Vergütung und einem jährlichen Bonus zusammen. Die Höhe des Grundgehalts ist zwischen den Vertragspartnern frei verhandelbar. Das Gehalt kann auch durch einen Tarifvertrag bestimmt werden. Hierbei sollte festgelegt werden, ob sich die Vergütung gemäß Änderungen des Tarifvertrages anpasst. Ist dies nicht der Fall, empfiehlt es sich eine Anpassungsklausel zu vereinbaren.
Eine variable Vergütung erhält der Chefarzt zum einen über Bonuszahlungen vom Krankenhausträger, wenn festgesetzte Zielvereinbarungen erreicht wurden. Zum anderen können variable Leistungen bezogen werden, für die ein sogenanntes Liquidationsrecht besteht. Ein Liquidationsrecht besteht dann, wenn dem Chefarzt vom Krankenhaus das Recht übertragen wird, seine eigenen Leistungen selbst gegenüber dem Patienten abzurechnen.
Eingeschränkte Möglichkeiten der Privatliquidation
Jedoch sind heute die Möglichkeiten der Privatliquidation oftmals eingeschränkt. Während früher der Chefarzt das originäre eigene Liquidationsrecht innehatte, ist er heute in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Brutto-Liquidationserlöse beteiligt. Dabei kommt es zudem häufig zu Konflikten um die Höhe des Schwellenwertes und die pauschale Höhe der abzugspflichtigen Sachkosten. Und: Zahlreiche Tätigkeiten, die der Chefarzt früher typischerweise im Rahmen der erlaubten Nebentätigkeiten selbst erbracht und abgerechnet hat, haben Krankenhausträger an sich gezogen und zu einem verpflichtenden Bestandteil der Chefarztpraxis gemacht.
Arbeitsrechtliche Faktoren müssen verhandelt werden
Neben der Gehaltsstruktur spielen auch arbeitsrechtliche Implikationen eine Rolle bei der Gestaltung des Chefarztvetrags. Chefärzte fallen aufgrund ihrer besonderen Stellung nicht unter den Mantel des Arbeitsschutzgesetzes. Und auch protektive Anwendungsbereiche von Tarifverträgen werden für diese Leitungsfunktionen nicht entfaltet; selbst dann nicht, wenn sie Mitglied einer ärztlichen Gewerkschaft wie dem Marburger Bund sind.
Verhandlungsposition erheblich stärken
In der Praxis hat sich gezeigt: Wird die avisierte Vergütung einer genauen Analyse unterzogen und gegebenenfalls andere Wege in der Verhandlung eingeschlagen, führt dies regelmäßig zu wesentlichen höheren Festvergütungen in bisweilen sechsstelliger Höhe, die dann weiterhin mit variablen Vergütungsmodellen kombiniert werden können. Auch arbeitsrechtliche Schutzfaktoren können verhandelt werden. Diese reichen von der Mitwirkung an betrieblichen Entscheidungen durch den Chefarzt und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bis hin zu Fortbildungsverpflichtungen, Urlaubsanspruch, Probezeit, Befristung und Dauer des Chefarztvertrages.
Daher ist darauf zu achten, dass das Vertragswerk nicht einseitig gestaltet wird. Das Interesse des Trägers liegt erst einmal darin begründet, für die Organisation das bestmögliche Ergebnis zu erzielen; die Interessen des Chefarztes sind untergeordneter Natur. Umso wichtiger ist es aus Sicht des Arztes, den Chefarztvertrag auf „Herz und Nieren“ zu prüfen, um die eigenen Ansprüche und Interessen durchzusetzen. Versierte rechtliche und strategische Beratung kann dabei Abhilfe schaffen. Dadurch können Chefärzte ihre Verhandlungsposition und ihre spätere Rolle erheblich stärken, indem sie der Betreibergesellschaft ihre Vorstellungen präzise darlegen und auf eine individuelle Vertragsgestaltung hinarbeiten – in einem rechtssicheren Rahmen.