
Als Forensischer Psychiater arbeitet man an der Schnittstelle zwischen Rechtswesen und Medizin. Ärztinnen und Ärzte, die in diesem Fachgebiet tätig sind, wenden Therapieformen der Psychiatrie an, um Straftäterinnen und -tätern mit Erkrankungen, die deren Straffähigkeit einschränken, zu behandeln. Hierzu gehören psychische Störungen und Suchterkrankungen. Im Fachgebiet der Forensischen Psychiatrie muss man aber nicht unbedingt im Gefängnis tätig sein: Die meisten Stationen befinden sich im Krankenhaus und sind lediglich durch erhöhte Sicherheitsmaßnahmen von psychiatrischen Normalstationen zu unterscheiden.
Inhaltsverzeichnis
Wie wird man Forensischer Psychiater?
Voraussetzung für die Arbeit als Forensischer Psychiater ist eine abgeschlossene Schwerpunktweiterbildung in Forensischer Psychiatrie. Diese dauert etwa 2 Jahre und kann erst nach der erfolgreichen Weiterbildung als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie begonnen werden. Dieser Weiterbildungslehrgang hat vor allem einen Fokus auf rechtliche Hintergründe, den Beurteilungsfähigkeiten von Schuldbarkeit und Rückfallprognosen (Risk-Assessment) sowie der eigentlichen Behandlung und Diagnostik mit Blick auf die Delikte. Inhalte der Schwerpunktweiterbildung sind grob durch die (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer skizziert, können aber zwischen den Landesärztekammern variieren.
Auch bei der Schwerpunktprüfung lässt die Bundesärztekammer viel Spielraum: Vorgaben sind hier nur die Mindestzeit von 30 Minuten und die Einhaltung der Prüfungskommission. Sonst können Prüfende den Abschluss variabel gestalten – durch Fachgespräche, praktische Prüfung am Patienten oder Präsentation einer Forschungsarbeit.
Forensischer Sachverständiger werden
Vorreiter in Sachen Weiterbildung für Forensische Psychiater ist die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN), die auch für die Zertifizierung von Gutachtern im Bereich forensische Psychiatrie (forensisch-psychiatrischer Sachverständiger) verantwortlich ist. Voraussetzungen für ein DGPPN-Zertifikat sind im Überblick:
- DGPPN-Mitgliedschaft
- Lebenslauf, Approbation, Facharztanerkennung
- ggf. Übersicht über Publikationen und Vorträge
- 240 Stunden Ausbildung in forensischer Psychiatrie
- Liste von 70 anonymisierten eigenen psychiatrischen Gutachten aus verschiedenen Bereichen, 5 Gutachten zur vollständigen Einsichtnahme (auf Nachfrage)
- 1 Jahr praktische Tätigkeit im Maßregelvollzug
Seit Januar 2016 ist die Gültigkeit des Zertifikats auf 5 Jahre reduziert. Nach diesem Zeitraum ist die Rezertifizierung durch die DGPPN nötig, um weiter als forensisch-psychiatrischer Sachverständiger tätig sein zu können. Hierfür benötigen Ärzte:
- DGPPN-Mitgliedschaft
- Kopie des DGPPN-Zertifikats
- Nachweis von 100 CME-Punkten im Bereich der spezifischen forensisch-psychiatrischen Fort- und Weiterbildung it strafrechtlichen und nicht-strafrechtlichen Inhalten
Aufgabengebiet als Forensischer Psychiater
Als Teilgebiet der Psychiatrie dient die Forensische Psychiatrie der Begutachtung und Behandlung von Rechtsbrechern. Patienten der Forensischen Einrichtungen sind meist Straftäter, die psychisch krank sind oder Vergehen unter Drogeneinfluss begangen haben. Ärzte mit abgeschlossener Schwerpunktweiterbildung Forensische Psychiatrie beurteilen die Schuldfähigkeit von Straffälligen und behandeln sie im Maßregelvollzug. Die Therapie und Compliance sowie das Gutachten der Mediziner beeinflussen dabei die Dauer des Aufenthalts. Natürlich ist sie aber auch von der richterlichen Entscheidung abhängig. Bei den Erkrankungen der Patienten handelt es sich meist um Schizophrenie, Persönlichkeitsstörungen oder Suchtkrankheiten. Viele Ärzte in diesem Beruf setzen sich darüber hinaus für die Rechte ihrer Patienten ein: Vor allem die DGPPN agiert aktiv in der Politik und setzt sich gegen die Unterversorgung psychisch kranker Straftäter ein.
Für wen könnte die Arbeit in der Forensischen Psychiatrie interessant sein?
Der Beruf als Forensischer Psychiater ist sehr abwechslungsreich und bietet viele Facetten, aus denen ein erfüllender, aber auch anspruchsvoller Beruf entstehen kann. Die Fachärzte wirken an spannenden Fällen mit und erhalten tiefsehende Einblicke in die Rechtsstrukturen im Land. Darüber hinaus arbeiten sie häufig sehr lange mit ihren Patienten eng zusammen, die teilweise bis zu zwei Jahre im stationären Aufenthalt bleiben.
Wie alle Psychiater und Ärzte generell sind Forensische Psychiater häufig mit schweren Schicksalsschlägen und gescheiterten Persönlichkeiten konfrontiert und sind darüber hinaus mit für deren Schicksal verantwortlich. Fehler in diesem Berufsfeld können schwerwiegende Konsequenzen haben, weswegen nur Menschen mit viel Verantwortungsbewusstsein diesen Berufszweig wählen sollten. Darüber hinaus sollte man sich vor der Berufswahl bewusst sein, dass man je nach Zweig und Klinik viel mit Mördern, Vergewaltigern oder anderen Schwerverbrechern zu tun haben kann und in diesem Zusammenhang dennoch Neutralität zu wahren hat. Wer sich dieser Verantwortung gewachsen fühlt, bekommt die Chance, Menschen am Rande der Gesellschaft zu versorgen und ihnen die Wiedereingliederung ins gesellschaftliche Leben zu ermöglichen.
Wo kann ich als Forensischer Psychiater arbeiten?
Die Arbeit als Forensischer Psychiater bringt vielfältige Karrieremöglichkeiten mit sich. Am häufigsten ist die Arbeit auf Forensischen Stationen im Bereich der Forensischen Psychiatrie, wo man sich gemeinsam mit speziell im Bereich ausgebildeten Pflegefachkräften, Psychologen und weiteren medizinisch-fachlichen Mitarbeitenden auf die Therapie und Versorgung der Häftlinge fokussiert. Solche Hochsicherheitstrakte befinden sich oft direkt in oder an Kliniken angegliedert. Forensisch-psychiatrische Sachverständiger arbeiten häufig selbstständig und werden zur Gutachtung in Fällen hinzugezogen. In manchen Fällen arbeiten die Mediziner aber auch bei Gericht oder in der forensischen Beratung als Angestellte. Natürlich kann man sich auch an der Lehre beteiligen und als Lehrarzt Nachwuchskräfte in diesem Bereich ausbilden oder mit eigener Forschung den wissenschaftlichen Stand vorantreiben.
Überblick: Hier arbeiten Ärzte mit Schwerpunkt Forensische Psychiatrie häufig
- Forensisch-Psychiatrische Kliniken (Hochsicherheitstrakt)
- Gerichte
- Beratungsstellen
- Forschung und Lehre
Was verdient ein Forensischer Psychiater?
Die Gehälter als Forensischer Psychiater variieren und sind schwer einheitlich anzugeben, auch weil forensisch-psychiatrische Sachverständiger meist freiberuflich tätig sind und oft nicht nach TV Ärzte bezahlt werden. Für angestellte Psychiater in Kliniken gelten meist deren Tarife für das Facharzt-Gehalt. Generell kann der Bruttolohn zwischen 8.000 und 20.000 Euro im Monat liegen. Höhere Beträge gelten dabei für Fachärzte in Leitungspositionen, zum Beispiel Chefärzte und Leiter von Lehrstühlen oder forensischen Kliniken. Darüber hinaus gibt es häufig für Gutachten, die ein forensischer Psychiater für das Gericht erstellt, Honorare.
Häufige Fragen
- Was ist forensische Psychiatrie und Psychotherapie?
- Was sind forensisch-psychiatrische Kliniken?
- Was bedeutet Maßregelvollzug?
- Wer entscheidet über eine Unterbringung in einer forensisch-psychiatrischen Klinik?
- Geht von Menschen mit psychischen Erkrankungen ein erhöhtes Gewaltrisiko aus?
Forensische Psychiatrie und Psychotherapie befasst sich mit der Bewertung und Behandlung von Straftätern mit psychischen Störungen. Fachleute in diesem Bereich beurteilen die Schuldfähigkeit und das Rückfall-Risiko von Angeklagten und bieten therapeutische Maßnahmen zur Rehabilitation an. Sie arbeiten aktiv an der Reintegration von Sträflingen in die Gesellschaft, ermöglichen ihnen den Start in ein neues Leben und verringern das Risiko eines Rückfalls.
Forensisch-psychiatrische Kliniken sind spezialisierte Einrichtungen, die sich auf die Behandlung und Betreuung von Straftätern mit psychischen Störungen konzentrieren. In diesen Kliniken werden Patienten, die aufgrund ihrer psychischen Erkrankungen straffällig geworden sind, intensiv psychiatrisch und psychotherapeutisch behandelt. Mitarbeiter werden durch hohe Sicherheitsmaßnahmen geschützt und können so bedenkenlos ihren Aufgaben nachgehen.
Der Maßregelvollzug ist ein Bereich des Strafvollzugs, in dem Straftäter mit psychischen Störungen oder Suchterkrankungen untergebracht und behandelt werden. Anstelle oder zusätzlich zu einer Freiheitsstrafe werden sie in speziellen forensisch-psychiatrischen oder -psychotherapeutischen Einrichtungen untergebracht, um dort ihre psychischen Erkrankungen zu behandeln. Ziel des Maßregelvollzugs ist es, die Patienten zu rehabilitieren, Rückfälle zu verhindern und die Gesellschaft und sie selbst vor möglichen weiteren Straftaten zu schützen.
Über die Unterbringung in einer forensisch-psychiatrischen Klinik entscheidet in der Regel ein Gericht. Diese Entscheidung basiert auf Gutachten von forensischen Psychiatern oder Psychologen, die die Schuldfähigkeit und Gefährlichkeit des Angeklagten beurteilen. Das Gericht berücksichtigt dabei, ob eine psychische Störung vorliegt, die in direktem Zusammenhang mit der begangenen Straftat steht, und ob eine Behandlung in einer spezialisierten Einrichtung notwendig ist, um den Betroffenen zu rehabilitieren und die Gesellschaft zu schützen.
Von Menschen mit psychischen Erkrankungen geht in der Regel kein erhöhtes Gewaltrisiko aus. Studien zeigen, dass die Mehrheit der Menschen mit psychischen Störungen nicht gewalttätig ist und häufiger Opfer von Gewalt werden als die Allgemeinbevölkerung. Allerdings kann es bestimmte psychische Erkrankungen oder akute Krankheitsphasen geben, die das Risiko für gewalttätiges Verhalten erhöhen, insbesondere wenn sie mit anderen Risikofaktoren wie Substanzmissbrauch, sozialen Stressoren oder fehlender Behandlung kombiniert werden. Umso wichtiger ist der richtige Umgang mit erkrankten, die straffällig werden, im Umfeld der forensischen Psychiatrie.