Viele junge MedizinerInnen zieht es nach dem abgeschlossenen Medizinstudium ins Ausland. Doch auch erfahrene Ärzte oder sogar Medizinstudierende möchten gern andere Gesundheitssysteme kennen lernen und mehr Erfahrungen sammeln. Doch welche Perspektive ergibt sich für deutsche ÄrztInnen in Irland? Wie sollte man sich vorbereiten, und worauf muss man achten? Wie sind die Arbeitsbedingungen in Irland und wie ist das Gesundheitswesen aufgebaut?
Inhaltsverzeichnis
Vorbereitung
Falls man bereits ein Vorstellungsgespräch hat, sollte man sich nicht wundern: oftmals dauern diese nur fünf bis zehn Minuten und kreisen um die Frage, weswegen man nach Irland gehen möchte und welche Erfahrungen man bisher machte. In Irland beginnt man als deutsche/r frischgebackene/r MedizinerIn direkt auf SHO Level (Senior House Officer), man muss also das Intern-Jahr nicht machen.
Bürokratische Hürden sind daraufhin gegeben, da man sich beispielsweise bei der irischen Ärztekammer anmelden muss. Die Registrierung kann hierbei länger dauern, bis zu zwei Wochen, was allerdings für EU-Mitglieder der Regelfall ist. Bei Mitgliedern außerhalb der EU kann es sogar längere Zeit in Anspruch nehmen.
Beginnt man dann zu arbeiten, sind Laboruntersuchungen davor nicht notwendig, da sie sowieso in Irland noch einmal gemacht werden. Sollte man schon ein paar Tage vor Arbeitsbeginn da sein, ist die Beantragung der PPS-Nummer empfehlenswert. Dazu benötigt man die eigene Sozialversicherungsnummer, den Führerschein und den Pass. Darüber hinaus ist ein Brief vonnöten, welcher an die irische Adresse geschickt wurde. Mit dieser PPS-Nummer ist es dann möglich, ein irisches Bankkonto zu eröffnen. Dies benötigt man, um Gehalt zu bekommen.
Sollte man erst später nach Irland kommen und hat keine Zeit, vor Arbeitsbeginn seine PPS-Nummer zu beauftragen, wird der erste Lohn mit der “Emergency Tax” abgerechnet. Das bedeutet, dass einem einiges abgezogen wird. Dies erhält man allerdings im nächsten Monat wieder zurück. Relevant ist bei der “Tax” zudem, dass man den Brief des Tax-Offices einer Kontrolle unterziehen lässt. Denn es gibt drei “Tax-Reliefs”, also Gutschriften, womit man mehr Gehalt netto herausbekommt. Hierbei gilt es, sich genau zu informieren.
Arbeitsbedingungen und Arzt Gehalt
Die normale Stationsarbeit leistet in Irland ein Team, welches aus einem Consultant (Chefarzt), Resident (Oberarzt), SHOs (Assistenzärzte) und Interns (Assistent im ersten Jahr) besteht. Das Team macht am Vormittag zusammen Visite und teilt danach die unterschiedlichen Aufgaben auf. Die Teams in Irland sind alle sehr multikulturell, was dazu führt, dass eigene Akzente und Aussprachen kreiert werden. Die Multikulturalität ist ganz normal und wird in Irland tatsächlich gelebt.
Die Arbeitszeiten unterscheiden sich deutlich zu den Zeiten in Deutschland. Diese sind regelmäßig und nicht mit Überstunden wie in Deutschland gekoppelt. Dennoch müssen Ärzte und Ärztinnen Dienste leisten, welche 24 Stunden gehen können, woraufhin ein normaler Stationstag folgt. Hierbei hängt es jedoch vom Team und der Arbeitsbelastung ab, ob die Möglichkeit besteht, am Stationstag dann früher zu gehen.
Neben den Arbeitszeiten lockt Irland ebenfalls mit einem hohen Arzt Gehalt. Ein Beispiel hierfür: eine deutsche Assistenzärztin in einer Klinik in Ballanisloe in Irland verdiente pro Monat 6000 Euro netto. Hierzu kann man sich noch die Arbeitserfahrung anrechnen lassen, was noch mehr Gehalt einbringt. In den 6 Monaten gibt es zudem noch zusätzlich einen “training grant” über 1904 Euro, mit welchem man Weiterbildungen besuchen kann oder Lernmaterialen wie Bücher oder einen PC erwerben kann.
Lebensqualität in Irland
Obwohl die Lebenshaltungskosten in Irland etwas höher sind als in Deutschland, gleicht das das hohe Gehalt schnell wieder aus. Dazu gehört ebenfalls, etwas mehr Geld fürs Wohnen ausgeben zu müssen. Falls man als Medizinstudierender nach Irland gehen sollte, sollte man mehr Ausgaben für Freizeit und Essen einplanen, als man es in Deutschland gewohnt war.
Falls man nicht gerade in Dublin arbeitet, sondern in einer Klinik an einem Ort mit wenig Einwohnern arbeiten sollte, ist es von Relevanz, ein Auto zu haben. Doch auch darüber hinaus ist Autofahren ein wichtiger Bestandteil: obwohl es viele Busverbindungen ins ganze Land gibt, benötigen die Busse länger für kurze Wegstrecken und fahren seltener. Mit der Bahn zu verkehren ist allerdings relativ teuer und da das Bahnnetz nicht so stark vernetzt ist, sollte man über ein eigenes Auto oder zumindest das Mieten eines Autos nachdenken.
Irland an sich ist ein schönes Land, welches Berge, Dörfer und glasklare Flüsse zu bieten hat. Ferner hat man die Möglichkeit, ans Meer zu fahren und die Natur zu genießen. Kleine Ortschaften mit wenigen Häusern sind keine Seltenheit, sodass man hier wirklich entspannen kann. Die EinwohnerInnen Irlands sind heiter und lebensfroh und werden als offen gesehen. Da sie aufgeschlossen sind, begegnen die Iren neuen Zuwanderern sympathisch und nett, sodass das Schließen neuer Bekanntschaften kein Problem darstellt.
Das Gesundheitswesen in Irland
Das Gesundheitssystem in Irland ist staatlich organisiert. Die Menschen sind zu 80-90 % gesetzlich versichert. Obwohl das Arzt Gehalt relativ hoch ist, scheinen die Gelder dafür woanders zu fehlen – und zwar in den Kliniken. Die Kapazitäten, um Interventionen in einer sinnvollen Frist oder Untersuchungen bereitzustellen, sind nicht vorhanden. Ein Beispiel hierfür: in ganz Irland existieren nur 11 Neurologen und lediglich ein Reha-Zentrum.
Darüber hinaus sind die Infrastrukturen so schlecht ausgebaut, dass vielen Menschen der Zugang zu dem Gesundheitssystem fehlt. Dazu kommt, dass viele nicht rechtzeitig ins Krankenhaus kommen. Ferner gibt es in Irland ländliche Gebiete, die noch immer keine Elektrizität oder einen Telefonanschluss haben. Außerdem ist eine Zwei-Klassen-Medizin in Irland zu beobachten: während allgemeine PatientInnen bis zu 3-4 Wochen auf einen Termin im Bereich der Inneren Medizin warten müssen, müssen die privaten PatientInnen manchmal überhaupt nicht warten.
Manche Krankenhäuser sind des Weiteren in einem schlechten Zustand, da dort ebenfalls Sparmaßnahmen getroffen werden: Sechs-Bett-Zimmer mit Bad auf dem Gang, enge und mit Unterlagen zugestellte Gänge, und Farbe, welche von den Wänden abblättert. Dies kann selbstverständlich variieren, je nachdem, wo man tätig ist.
Fazit
Um Erfahrungen im eigenständigen Arbeiten zu sammeln, ist Irland der ideale Standort, um als MedizinerIn ins Ausland zu gehen. Außerdem kann man schnell zusätzliches Geld verdienen, beispielsweise, um sein Bafög endlich zu begleichen. Berücksichtigt werden sollte hingegen, dass die Ausbildung nicht so stattfindet wie in Deutschland. Untersuchungen dauern länger und PatientInnen muss man aufgrund der geringen Kapazitäten häufig lange warten lassen.
Dazu kommt, dass man als frischgebackener Arzt oder junge Ärztin in Irland keinen normalen Stationsalltag kennen lernt und sich eventuell manchmal überfordert fühlt. Als Medizinstudierender nach Irland zu gehen lohnt sich auch nicht, zumindest dann nicht, wenn der Fokus auf der Fortbildung nicht auf dem Kennenlernen des Landes liegt. Als StudentIn hat man nämlich kaum Freiräume und ist in seinen Tätigkeiten sehr stark eingeschränkt.